Es ist, wenn auch aufgrund von öffentlichem Druck, zu begrüßen, dass eine Institution, die letzte drei Generationen aufarbeitet und der Papst ist für die Konsequenzen genau der richtige Mann. Die Aufarbeitung der letzten drei bis vier Genrationen ist richt. Nicht ganz fair ist es allerdings, wenn man Vorfälle, die vor über 70 Jahren passierten auf die Gegenwart projiziert. Schließlich deckt die Untersuchung mit den damals älteren Priestern einen Zeitraum von knapp hundert Jahren ab. Es ist beschämend, aber ich kann dabei nicht jeder Form von fremdschämen folgen, weil es davon ablenkt, dass eine Aufarbeitung am eigenen Eingemachten verhindert. Das betrifft nicht nur den direkten Missbrauch, der vorwiegend in den Familien, aber auch in Institutionen stattfindet. Das betrifft auch die wenig reflektierte Reaktion, wenn was passierte, was nicht passieren darf.
In meiner Nachbarschaft wurde eine Jugendliche, oder besser fast Jugendliche und ihre Freundin vom Klassenlehrer missbraucht. Dieser Klassenlehrer war bei den Kollegen und Eltern besonders beliebt, weil er einfühlsam war und besonders für die Schüler arrangiert. Er wurde zunächst suspendiert. Die Lehrer waren gespalten. Einige waren klar, andere wollten ihren Kollegen behalten.
Zur Strafanzeige kam es nicht durch die Schule, oder dem Schulamt, sondern kam vom betroffenen Vater der Freundin. Das auch nur, weil er merkte, dass sich nichts tut. Zu meinem Erstaunen haben sich als erstes die Eltern für den Lehrer eingesetzt. Sie wurden sich während des Elternabend einig, der Lehrer soll zurück in die Klasse, denn die Schüler hatten bei ihm eine bessere Leistung. Die Schulleitung, die anfänglich tätig war setzte sich nach und nach immer mehr für den Lehrer ein und das Schulamt ebenfalls. Am Ende waren die beiden Missbrauchten die Opfer und sie mussten die Schule verlassen, weil sie den Druck von Schülern und Lehrern nicht mehr aushielten.
Damit will ich nicht das geschehene in der kath. Kirche relativieren, aber genauso, wie die Kritik an der Kirche ist, sollte man sich vor Augen halten, dass es wirklich ein durchgängig Problem ist und wir da häufig auch falsch reagieren.
Ich will noch etwas sagen. Sexueller Missbrauch betrifft zwar vorwiegend Männer, aber nicht nur Männer. Meine Frau machte ihr Anerkennungsjahr in eine sozialen Einrichtung, die Aufgaben des Jugendamtes zum teil übernahm. Da war ein kleiner Junger, der wurde aus der Familie genommen, weil die Mutter ihn sexuell missbrauchte. Die Pflegemutter musste sich gedulden, bis er nicht mehr bei ihr Titit-Machen, wie es genannt wurde, bei ihr nicht mehr machen wollte. Dann auf dem Rummelplatz wollte er unbedingt zu einer Frau die er sah. Als die Pflegemutter fragte, warum, sagte er zu Titit-Machen.
Ist auch schon länger her. Ein Freund von mir arbeitete in einer Einrichtung für geistig Behinderte. Ich weiß nicht, ob man heute noch geistig Behinderte sagen darf, oder bereits als Diskriminierung deklariert wurde. Wenn du Anstoß nimmst, dann suche dir in Gedanken ein anderes Wort. Eine Mutter nahm ihren Sohn regelmäßig am Wochenende ab. Das ist auch gut und gar nicht mal so selbstverständlich, wie man sich denkt.
Einmal erzählte ihm die Mutter, wie tolerant sie doch sei und sie selbstverständlich sie Verständnis für die sexuellen Bedürfnisse hat. Sie würde ihn sogar unterstützen. Er dürfte, aber nur zwischen den Beinen .... Als wenn sich das Teil nicht nach innen durcharbeiten würde und die Mechanik, nicht auch bei ihr etwas auslösen würde. Das ist in meinen Augen auch ein Missbrauch und ein gutes Beispiel, denn der Täter meint schließlich auch, keiner würde das Kind so gut verstehen und es sei nur ein Schranke, wegen gesellschaftlicher Barrieren.
Es ist im Ganzen ein riesiges Problem und ich vermute, dass fast jeder mittelbar, oder unmittelbar von diesem Thema irgendwann betroffen ist, weil in irgendeinem seiner Kreise ein Vorfall war.
Ja und ich hoffe, dass die Kirche einen Weg findet, das Problem einzudämmen. Allerdings in der sonstigen Ausbildung wird im Moment auch die nächste Generation ausgebildet. Es ist ja schon länger bekannt, dass Menschen mit entsprechender Neigung einen pädagogischen Beruf, oder pflegerischen Beruf mit Kindern bevorzugen. Das ist ein dickes Problem.
Und genau HIER wünsche ich mir von der Kirche klare und eindeutige Antworten, wie sie genau das künftig zu verhindern gedenkt!
Ja, es wäre naiv dies zu glauben. Ich vermute mal, dass noch viele Genrationen für die Rückblende eine Aufarbeitung machen werden und ich hoffe das die Aufarbeitung nicht nur in der katholischen Kirche sein wird, denn es ist der erster Schritt in die richtige Richtung.