Das ist eher ein sprachlich-kommunikatives Mißverständnis. Wenn Gott gut ist, wenn er Liebe ist, dann ist auch seine Schöpfung gut und wir als Menschen sind mit allen Lebenwesen im unendlichen oder fast unendlichen Universum Teil dieser Schöpfung. Wir sind Abbild Gottes. Dass wir auch gut sind, zeigt die große Hilfsbereitschaft bei Katastrophen oder Unfällen. Wer etwa solche Erfahrung unmittelbar erlebt hat - oder verliebt ist - sieht durch eine andere Brille. Wem schlimmes widerfährt, sieht dagegen alles dunkel und hält Menschen für grundsätzlich böse - oder auch nicht. Solche unterschiedlichen Menschenbilder und -erfahrungen sind auch in unserer Bibel überliefert. Daraus wurde (leider) der gute Gott oder der zornige Gott.
Wer Hochverrat an einem Herrscher der Antika übte, war ein sicherer Kandidat für die Todesstrafe. Leider haben wir solches auch Gott unterstellt, obwohl er sich doch für uns und persönlich völlig unschuldig, am Kreuz hinrichten ließ. Das ist ein heikles Thema im gesamten christlichen Glauben. Ich glaube nicht an die Hölle im Sinne einer ewigen Verdammnis, ich glaube nicht, dass er Mensch nur böse ist und ich bin nicht davon überzeugt, dass Gott zornig ist. Das alles sind unsere Eigenschaften - und sie sind eben auch menschlich.
Nur: Wenn Gott uns ohne Voraussetzung (sehr) liebt, bedeutet dies ja nicht, dass er an uns auch alles gut findet. Die großen Gestalten der Bibel werden uns als sehr fehlerhafte Menschen, geradezu nicht als Heilige, geschildert. Die 10 Gebote mit dem "du sollst nicht töten" wurden/werden automatisch in jedem Krieg ausser Kraft gesetzt und so angesehen, dass ich das nur mit meinem Nachbarn nicht machen darf. Das gilt aber im gleichen Maße auch für die staatlichen Gesetze. Dass Kriege ein ethisches Dilemma sind, weil sich gegen einen Angreifer zu wehren durchaus menschlich ist, brauchen wir nicht zu diskutieren.
In der sehr vielen Kinobesuchern und Fernsehkonsumenten bekannten Weltall-Saga ist ja bezeichnend auch von der "dunklen Seite der Macht" die Rede. Auch im "Ring der Nibelungen" geht es ja um die Abgründe, die in uns sind und die gewissermaßen eine Art Eigendynamik haben. Es geht dabei sehr oft um Macht über andere Menschen und sogar (bildlich gesehen) um das Bemühen sich an die Stelle Gottes zu setzen nach dem Motto: "Lasst uns Menschen machen nach dem Bilde von m i r". Im Grunde wird das auch in der Geschichte des "Turmbaues zu Babel" geschildert, unabhängig davon um der Bericht historisch oder (nur) lehrreich ist. Das Ergebnis des riesigen Turmes, der bis in den Himmel zu ragen versucht ist, dass sich die Menschen nicht mehr verstehen.
Ich glaube wirklich, dass wir - zumindest weitgehend - einen Freien Willen haben, mit dem wir die gute Schöpfung Gottes bewahren sollen, aber wir bewahren sie oft kollektiv oder persönlich eben nicht (ausreichend) . Das fängt beim Klimawandel an und hört mit den zwei Weltkriegen und alles was dazu gehört, auf. Wenn ich etwa öffentlich behaupte, in uns allen - in unserem Abgründen - stecke auch ein/e Mörder/in, theologisch ein Kain oder ein Judas, werde ich wahrscheinlich harschen Gegenwind erhalten. Aber ein freier Wille ist eben, dass ich alles tun kann, egal ob es richtig oder falsch bzw. gut oder böse ist. Und leider gibt es auch in unserem Gehirn die eher unteren Regionen, die uns Konfliktlösungmöglichkeiten aus der Steinzeit anbieten.
Man muss beispielsweise der Ev. Marienschwesternschaft in Darmstadt (theologisch) nicht nahe stehen und wird sie doch bewundern müssen. Sie hatten 30 DM in der Kasse und haben damit eine große Kirche, Gäste- und Schwesternhäuser und einen großen Bibelgarten gebaut - schuldenfrei. Sie sind natürlich nicht kranken- und rentenversichert. Ich bin sehr geneigt zu glauben, dass je mehr wir Gott vertrauen, er auch Wunder tut.
Die Wunder in meinem Leben haben mich vor einem sehr rationalen Gottesbild bewahrt, obwohl ich bei manchen Evangelikalen mit manchen meiner Auffassungen öfters mal anecke.