Ist es nicht. Deswegen brachte ich oben die griechische Denkweise in's Spiel, das Konzept der Kalokagathia. Eigenschaften sind Eigenschaften - fertig. Da eine Hierarchie, und sei es nur durch die Unterscheidung zwischen aussen und innen, hineinzubringen, halte ich für wenig ergiebig hinsichtlich des diskutierten Gegenstandes (Liebe).
Mag ja sein, von einer "langfristigen Beziehung" - so langsam wiederhole ich mich - war aber meinerseits nie die Rede. Sondern von Liebe, also einer Emotion, die stark oder schwach sein kann, unabhängig davon, wie lange sie währt.
Verliebtheit und Liebe sind in der Tat meinem Verständnis nach Synonyme, nur dass "Verliebtheit" immer dann so genannt wird, wenn der Sprecher seine Skepsis hinsichtlich der "Echtheit" der Emotion Liebe zum Ausdruck bringen will. Verliebtheit wird gewissermaßen dem liebenden Subjekt von aussen attributiert und signalsiert Skepsis.
Das, was Du ausdrücken willst, kannst Du problemlos ausdrücken und tatest es auch schon, indem Du von "langfristiger Beziehung" oder "Vertrautheit" oder "Freundschaft" etc. redest. Wenn Du von Anfang an gesagt hättest, dass eine langfristige Beziehung nicht ausschließlich auf erotischer Attraktion beruhen könne (da - wie jeder aus Erfahrung weiß - erotische Attraktion über die Zeit hinweg abnimmt), hätte ich keinerlei Einwand erhoben.
Du sprachst aber von Liebe. Einem Gefühl rückhaltloser, unbedingter Hingezogenheit zum Objekt der Liebe. Und für dieses Gefühl reicht eine erotische Attraktion eben sehr wohl aus, wenn sie nur stark genug ist, alle "Vernunftgründe", die gegen eine Verbindung mit dem geliebten Objekt spräche, zu überlagern.

Wenn ich keinen Bock auf eine Diskussion habe, stelle ich meine Beteiligung in aller Regel schlicht ein.
Es geht hier schon um eine nicht ganz unwichtige Frage, nämlich die, um es mal mit einem berühmten Schriftsteller zu formulieren "Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden."
Und wenn dann einer (in diesem Falle Du und diejenigen, die Dir zustimmen) bei bestimmten Erscheinungsformen der Liebe redet, als handele es sich bei denen gar nicht um Liebe, sondern um irgendetwas weniger Wichtiges, dann widerspreche ich, weil ich es halt falsch finde und aus falschen Annahmen sich in der Folge häufig falsche Schlußfolgerungen ergeben.
Gestern nachts habe ich einem Streamer (Mathilification, er zockt PoE und hat dabei immer mehrere tausend Zuschauer) beim Daddeln zugeschaut, bezw. mehr zugehört, wie ich es immer tue, wenn ich langweilige Renderarbeiten in Photoshop zu erledigen habe. Der quatscht ja immer viel Zeugs und geht auf "Anregungen " aus dem Chat ein, und irgendwie wurde dann ein Video von einem anderen Streamer gezeigt, der mal einen Kameraschwenk durch seine Wohnung machte. Die vollgepfropft mit leeren Energydrink-Dosen, leeren Petflaschen, Stapeln leerer Pizzaschachteln und allem möglichen andern Müll war. So, als wäre er seit zwei Jahren nicht mehr aus der Bude rausgekommen. Über diese Art zu existieren wurde nun zwischen Mathil und dem Chat diskutiert und unter anderem auch die Frage gestellt, wie wohl die Freundin jenes Messi-Streamers damit zurecht käme. Mathil meinte dazu: "That should be the ultimae deal-breaker." Die Freundin könne sagen, was sie wolle, könne von den menschlichen Seiten dieses Typen schwärmen oder von seinem supergroßen Schwanz - aber eine Frau, die mit einem Typen zusammen sei, der in solchen Verhältnissen haust, könne selbst nicht ganz geistig gesund sein.
Der Begriff "deal-breaker" gefiel mir, und an den muß ich jetzt in unserem Diskussionszusammenhang und hinsichtlich des Threadthemas denken.
Was ein deal-breaker in einer Beziehung ist - das ist immer subjektiv. Kann der Messi seine Freundin lieben und dennoch weiter in solchen wirklich ekelhaften Verhältnissen hausen? Kann der Ehemann der Threaderstellerin sie lieben und dennoch weiter Pornos gucken? Wovon redet die Threaderstellerin, wenn sie von Liebe redet?
Ich denke, ihr Ehemann kann sie sehr wohl lieben und gleichzeitig ihr Verletztheitsgefühl ignorieren. Unseren Idealen entsprechend sollte er das nicht tun. Aber Liebe ist eine Emotion, nichts, das verhandelt werden kann.
So kann er sie also lieben - und dennoch mit seinem Verhalten den "Beziehungsvertrag", der offiziell oder inoffiziell ihrer Ehe zugrunde liegt, brechen. Und wir können der Threaderstellerin auch nicht vorschreiben, was sie als Deal-Breaker empfindet.
Nur: wenn wir so tun, als bedeute der Vertragsbruch gleichzeitig den Beweis, dass er sie nicht (mehr) liebe - dann täuschen wir uns womöglich.
Und wenn wir pauschal verneinen, dass ein Ratschlag wie der, man könne sich doch mal sexy aufbrezeln und wieder in's Verführen investieren, um eine kriselnde Beziehung zu retten, zum Ziel führen könne, dann tun wir so, als wüßten wir, was für die in Rede stehenden Beziehungspartner wesentlich sei.
Denn es ist möglich, dass für die eine Seite der "Dealbreaker" gerade darin besteht, nicht mehr das an sexueller/erotischer Wunscherfüllung zu liefern, was am Anfang der Beziehung gerade dazu bewog, den "Vertrag" einzugehen.