Nun da wir im Theologieforum sind:
Ich gebe ja zu, dass ich das als Antwort auf Katys einseitige Gottesdefinition gestern auch etwas einseitig formuliert hatte.
Helmut Gollwitzer hat in seinem Beitrag "Die Existenz Gottes im Bekenntnis des Glaubens" 1963 damals das "An und Für Sich Sein" Gottes betont, um dann Gottes Freiheit, sich für die Barmherzigkeit entscheiden zu können, zu würdigen.
Eberhard Jüngel hat dem Barth-Schüler Gollwitzer mit seiner eigenen Interpretation und Paraphrase von Karl Barth geantwortet in seinem Büchlein "Gottes Sein ist im Werden", Tübingen 1965 (4. Auflage 1986).
Auch Gollwitzer will Gottes Sien nur als personales Sein begreifen. Er versucht dabei das Wesen (An-und-Für-Sich-Sein) und den Willen (Für uns Menschen Sein) Gottes zu unterscheiden.
Jüngel kritisiert Gollwitzers Ansatz (im Prinzip in seinem ganzen Buch, aber besonders auch im letzten Kapitel, das auch "Gottes Sein ist im Werden" betitelt ist.), weil Gott dan nur noch funktional gedacht werden kann (S. 106).
Anbei daher nun die ersten drei Thesen der Zusammenfassung Jüngels:
2. Daß sich aus Gottes Sein für uns erkennen läßt, was vom Sein Gottes zu erkennen ist, ist darin begründet, dass Gottes Sohn für uns in Jesus Christus Ereignis ist. Dieses Ereignis heißt Offenbarung und ist als solche Selbstinterpretation Gottes.
3. Gottes Für-uns-Sein definiert nicht Gottes Sein, wohl aber interpretiert Gott in seinem Sein für uns sein Sein.
Es gilt also weiterhin der klassische Satz, dass wir Gott nicht definieren können, aber wir können erkennen, wer er ist durch seine Selbstoffenbarung. (Das ist durchaus ein wesentlicher und richtiger Punkt der Theologie von Karl Barth.)